Autoverwertung Ernst Egger AG: Wo Oldtimerliebhaber und -Schrauber noch Ersatzteile finden

Autoverwertung Ernst Egger AG
Von der Strasse aus nur schwierig zu sehen: der Schriftzug der Fa. Egger

In “Zwischengas” erschien Ende November 2022 ein Artikel, den ich hier stark gekürzt wiedergebe. Er hat mich veranlasst, meinen Bericht zu einem Besuch bei der Fa. Egger im August 2015 wieder zu aktivieren

“Die Suche nach raren, nicht mehr erhältlichen Autoersatzteilen für Old- und Youngtimer gestaltet sich trotz Internet nicht selten als ein nahezu endloses und nervenaufreibendes Unterfangen. Abhilfe könnte ein Besuch an einem ganz besonderen Ort schaffen: Eine schier endlose Ansammlung an Autoteilen aus über fünf Jahrzehnten findet man in den Hallen der ehemaligen Autoverwertung Ernst Egger AG im bernischen Grafenried. Man findet Teile von Fahrzeugen aus den frühen 1930er bis Ende der 1980er-Jahre.
Über Jahrzehnte durfte niemand das gehütete und geheimnisumwitterte Lager betreten, bis vor ein paar Jahren ein neuer Besitzer die Liegenschaft samt Inhalt übernahm und die “Katakomben” einem breiten Publikum zugänglich machte.
Die Autoverwertung ist jeden Samstag von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Anfragen werden via Email und Telefonnummer auch unter der Woche angenommen und möglichst zeitnah beantwortet. Der grösste Erfolg und ein Erlebnis verspricht aber zweifelsfrei ein Besuch vor Ort. Gutes Schuhwerk, Arbeitshandschuhe und eine Taschenlampe sind empfehlenswert.”

Soweit der Reporter von Zwischengas

Es gibt Erlebnisse, die selbst einem Oldtimerfan, der viel gesehen hat, nahe gehen. Ein solches war mein Besuch im August 2015 bei der Autoverwertung Egger in Grafenried in der Nähe von Bern.

Ernst Egger übernahm 1948 den 1922 gegründeten Familienbetrieb, der zeitweise mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt haben muß. Er führte säuberlich Buch über jedes Auto, das angeliefert und akkurat auseinander genommen wurde. Tagein, tagaus wanderten Autos auf die Schlachtbank: amerikanische Straßenkreuzer der Fünfziger bis Siebziger, Ford, englische Marken, GM-Produkte von Chevrolet, Opel oder Vauxhall aus dem nahegelegenen Werk in Biel/Bienne und auch viele Japaner. Alles, was irgendwie verwertbar war, landete in Regalen und auf Haufen. Das meiste wurde mit kleinen Blechschildchen beschriftet. Wenn ein Raum voll war, baute Egger an oder zog einen Zwischenboden ein – bis sich irgendwann die Teile bis unters Dach stapelten und Ende der achtziger Jahre der letzte Wagen zerlegt wurde.

Autoverwertung Ernst Egger AG

Nachdem in der Familie niemand den Betrieb weiterführen konnte, übernahm 2015 ein Autoverwerter aus Bern das Grundstück und ist dabei, das gesamte Ersatzteilsortiment aufzulösen. Über Youtube wurde ein Film in der Szene verbreitet, der leider nicht mehr auffindbar ist. Außerdem gab es mehrere Wochenenden der offenen Tür, von denen ich eines mit einem Freund besuchte.

Wir kamen gegen 9 Uhr in Grafenried an und wunderten uns über den eigentlich recht geringen Besuch. Von den anwesenden Besitzern wurden wir kurz eingewiesen und konnten uns dann ungestört auf dem gesamten Gelände bewegen. Zwischen ungläubigem Staunen und übermütiger Fassungslosigkeit begreift man bei stundenlangen Stöbern in überfüllten Regalen nur langsam das Ausmaß eines Lebenswerks von 1948 bis 1987.

Zwei Etagen tief reicht das Lager unter die Erde und drei Stockwerke gen Himmel. Von außen ist dem unscheinbaren Gebäude nicht anzusehen, was in ihm steckt: Ein Labyrinth von Gängen, Zwischenetagen, Räumen hinter Schranktüren, auf Dachböden, unter schmalen Schiebeschächten und auf uneinsehbaren Terrassen. Hinter engen Aufstiegen und steilen Leitern entfalten sich neue Räume mit weiteren Auto-Innereien. Und wieder ein Zwischenboden! Es war einmal ein Schlachtplatz und jedes noch so kleine Teil eines Spenders wurde hier bewahrt. Jede kleine Nische ist bis heute aufgefüllt mit ordentlich beschrifteten Oldtimerteilen. Oftmals haben wir etwas, was wir kurz vorher gesehen hatten, vergeblich gesucht, da wir schon wieder einen anderen Weg eingeschlagen hatten.

Der heutige Besitzer des Anwesens war selbst überrascht vom Ausmaß dessen, was er übernommen hatte. Beim Abschluss des Vertrages hatte der Käufer seinem Vorgänger noch sein Wort gegeben, dass dieser die Teile nicht in die Schrottpresse geben würde. Ein großes Wort angesichts der Masse und der Überraschungen. Noch Monate nach der ersten Begehung des Geländes wurden neue Oldtimer-Schlupfwinkel entdeckt. Zwar waren alle Teile beschriftet, doch ein echtes System lässt sich in der Gesamtsituation nicht erkennen. Daher war wirkliche Hilfe bei der Suche nach bestimmten Teilen nicht gegeben, die Aufsichtspersonen konnten nur grob angeben – dort liegen Getriebe, dahinten Inneneinrichtungen, auf dem Dachboden Blechteile und in den diversen Kellern Haufen von Achsen…

Trotzdem wurden wir fündig; ich brachte einen Silumin-Zylinderkopf für meinen Peugeot 402, mein Freund gleiche mehrere Zylinderköpfe für Vorkriegs-BMW mit nach Hause. Wir fanden auch ein bisschen Blech für einen Dyane und – als Ausbildungsteil für die Zusatzausbildung der Mechatroniker zum Oldtimermechaniker – einen Dreifachvergaser für einen Citroen Traction. Ausserdem natürlich jede Menge Kleinteile wie Türgriffe, Leuchten und „unnützes“ historisches Zubehör wie z.B. Schneeketten aus den 1930er Jahren.

Autoverwertung Ernst Egger AG
Ein Teil unserer Beute

Falls Sie selbst dort einmal ihr Glück versuchen wollen, hier die Kontaktdaten:
Autoverwertung Ernst Egger AG
Bernstrasse 23, 3308 Grafenried
+41 78 238 71 55
oldtimerteile@gmx.ch