Das zweite Standbein des Konzerns
Die Geschichte der Firma Peugeot reicht bis in die Zeit vor der französischen Revolution zurück, als der Familie eine Ölmühle, eine Gerberei, eine Färberei und Anfang des 19. Jahrhunderts auch Spinnereien gehörten. 1810 wurde eine Eisengießerei gegründet, die später in die Produktion von Sägeblättern und Uhrfedern einstieg. In den nächsten Jahrzehnten kamen Betriebe für Werkzeuge und Eisenwaren hinzu, zeitweise war man auch in der Modebranche mit der Fertigung von Krinolinen tätig. Als sich die Mode änderte, wechselte die Produktion zu Kaffeemühlen und Essbestecken.
Nachdem Anfang des 19. Jahrhunderts der Freiherr von Drais mit seiner Draisine den Vorläufer der Fahrräder erfunden hatte und bis etwa 1880 das Fahrrad in seiner heutigen Form entwickelt war, setzte ein Radlerboom ohne gleichen ein. Spezialzeitschriften – ähnlich heutigen Autoblättern – erzielten hohe Auflagen. 1869 fand das erste Radrennen von Paris nach Rouen statt und in Paris eröffneten „Radfahrhallen“, die als Vorläufer heutiger Radrennbahnen gelten können.
Bei der Firma Peugeot, die ja schon mit verschiedenen Produkten aus Metall am Markt präsent war, wurde diese Entwicklung aufmerksam beobachtet, da man die sich daraus ergebenden Chancen sah.
1882 begann der Fahrzeugbau mit der Produktion von Hochrädern unter dem Markennamen „Le Francais“. Da die meisten am Markt befindlichen Räder aus englischer Produktion kamen, war schon die heimische Herstellung ein gutes Verkaufsargument, mehr noch aber der Preis von lediglich 225 Franc, der wesentlich unter dem der Importe lag.
Ab 1885 ließ man vom eher unfallträchtigen Hochrad ab und bot „normale“ Fahrräder an, die schon die heute noch gängige Unterteilung in Damen- und Herrenräder aufwiesen. Die Räder waren serienmäßig mit einer Bremse ausgestattet und kosteten 325 FF, eine Klingel war allerdings aufpreispflichtig.
Nachdem auf der Weltausstellung 1889 in Paris die Produkte gut ankamen, wurde kurz darauf ein Verkaufsgeschäft eröffnet und 1890 werden 10.000 Fahrräder produziert. 1899 bot man mit dem „Bicyclette sans Chaine“ – Rad ohne Kette – ein revolutionäres Fahrrad mit Kardanwelle an, das bis 1933 in den Prospekten zu finden war.
Sensationell war um die Jahrhundertwende auch ein Klapprad mit dem Namen „Bicyclette Pliante“, das man zur Vermeidung von Diebstählen mit in die Wohnung nehmen konnte.
Ab 1887 experimentierte man mit Motorantrieben und im März 1890 wurde das erste dreirädrige Peugeot-Fahrzeug gebaut. 1899 folgte das erste wirkliche Peugeot-Motorrad mit schweizerischen „Zedel-Motor“, das bereits über 2 PS verfügte.
Zeitgleich wurde auch ein werkseigener Viertaktmotor entwickelt, der den Zedel ersetzen sollte und dies nach eingehender Erprobung auch tat. Ab 1904 wurde ausschließlich Peugeot-Motoren verbaut, die zunächst über 2,5 PS aus 238 ccm verfügten und für eine Geschwindigkeit von 60 km/H ausreichten.
Ab 1905 wurden auch 2 Zylindermaschinen mit unterschiedlichen Hubräumen (350 ccm/2¾ PS, 480 ccm/3½ PS, 660 ccm/5 PS sowie 1000 ccm/7 PS) angeboten, die zwischen 950 und 1250 Franc kosteten.
Mit einem abgewandelten 1 Liter–Motor gelang 1905 ein Weltrekord mit über 123 km/h auf ebener Strecke. Die 333 ccm Einzylindermodelle mit quadratischer Bohrung/Hub konnten im gleichen Jahr bei der Tour de France den ersten und zweiten Platz belegen. Das war so eindrucksvoll, dass auch andere Hersteller (z. B. Norton) für Renneinsätze auf Peugeotmotoren zurückgriffen. Das Norton-Siegermotorrad der ersten Tourist Trophy auf der Isle of Man war mit einem Peugeot-Motor ausgestattet.
Im Ersten Weltkrieg lieferte Peugeot Motorräder praktisch ausschließlich ans Militär, wo man viele Erfahrungen sammelte. Ab 1919 wurde ein 750 ccm seitengesteuerter DOHC-Zweizylinder-Motor mit Königswelle hergestellt, der bereits 27 PS bei 5000 U/min leistete. Mit diesem Motor wurde 1925 ein weiterer Weltrekord mit einer Geschwindigkeit von 166 km/h aufgestellt.
Diese sportlichen Erfolge führten dazu, dass Peugeot einer der führenden Hersteller von Serien-Maschinen in Frankreich wurde. So wurde 1921 die „Motocyclette de Tourisme“ vorgestellt. Es war ein zeittypisches Motorrad, wie es viele andere Hersteller auch im Programm hatten.
Ab 1927 wurde die obengesteuerte „P 105“ produziert, die bis Mitte der dreißiger Jahre hergestellt wurde. Sie überzeugte durch Zuverlässigkeit und einen moderaten Preis. Auf Basis der P 105 wurde die seitengesteuerte P 107 entwickelt, der dann kurz hintereinander die Modelle P 111 – P 117 sowie die Modelle P 515 und P 517 folgten. Star der Serie war die sportliche P 515, die 1934 einen weiteren Weltrekord auf der Langstrecke errang: Im 24-stündigen Dauereinsatz wurde eine Durchschnittsgeschwindigkeit vom knapp 119 km/h erzielt
Neben den Automobilen wurde der Motorradbau bis weit in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Standbein des Konzerns und noch heute baut Peugeot Mopeds und Roller.
Der besseren Übersicht und Handhabbarkeit halber werden hier die in diesem Bereich eingestellten Artkel aufgelistet. Über den jeweiligen Link kommen Sie direkt zum Artikel:
* Motorradbau bei Peugeot – Teil 1
* Motorradbau bei Peugeot – Teil 2
* Motorradbau bei Peugeot – Teil 3
* Motorradbau bei Peugeot – Teil 4
* Peugeot Dreirad aus dem Jahr 1899
* Peugeot-Rennmotorräder in den Jahren 1906 – 1909
* Peugeot 500 Sport (1913–1914)
* Peugeot Cyclo-Moto
* Peugeot Motorräder in Deutschland – die „Deutsche Peugeot Motoren GmbH“
* Peugeot-Motorräder in den 1930er Jahren
* Peugeot P 105 und 105 S
* Restaurierung einer P 107
* Peugeot P 107 beim Militär
* Peugeot P 112 “Militär”
* Peugeot TT 112 – Prototyp fürs Gelände
* Peugeot P 135 – 1936 – 1948
* Peugeot Typ 135 “Militär”
* Peugeot Typ P 515
* Peugeot P 109 und P 111
* Peugeot P 53 Velomoteur „Militaire“