1923 – das erste Autohaus in Graubünden: Peugeot – Willi

Von unserem Mitglied Thomas Hess aus der Schweiz bekam ich 2013 folgenden Beitrag. Auch wenn schon etwas älter, halte ich die Informationen zum Thema Autoverkehr in Graubünden doch für so interessant, dass ich ihn nun wieder einstelle:

90 Jahre Autohaus Willi in Chur

“Die Vorfahren des heutigen Firmenchefs Marco Willi gründeten im «Sand» eine mechanische Werkstätte, von der Wasserversorgungsanlagen sowie elektrische Installationen ausgeführt wurden. Eine Spezialität war ein Lift mit Wasserantrieb.

Das Auto war in Graubünden viele Jahre verbannt und wurde erst nach mehreren Volksabstimmungen zugelassen. Der Bann gegen das Automobil blieb bis 1923 in Kraft, als in anderen Gegenden Europas der Verkehr schon ziemlich dicht war.

90 Jahre Autohaus Willi in Chur
Der Ursprungs-Betrieb im Jhr 1926

So beginnt die Geschichte des ältesten Autohauses Graubündens am 21. Juni 1923 mit einem Telegramm, das den Vorfahren der gegenwärtigen Betreibergeneration aus dem Urlaub nach Chur mit dem verheißungsvollen Text zurückbeorderte:

“Auto in Graubünden zugelassen, sofort nach Hause kommen”

In der Familienchronik schreibt der 1889 geborene Ingenieur Emanuel Willi:

“Und ich fuhr nach Chur zurück, in der Hoffnung, nun ein neues Wirkungsfeld zu finden. Es war zwar nur eine Durchgangsstraße, der “Landquart-Julier-Castasegna” für 2 Jahre als Probe freigegeben, aber man hoffte doch, hernach den ganzen Kanton befahren zu dürfen, und was sehr wesentlich war, für den Sanitätsdienst durfte das neue Vehikel überall verwendet werden…”.

Wenige Tage zuvor hatte das Bündnervolk einem Gesetz über die probeweise Öffnung einer Durchfahrtstrasse zugestimmt. Dies nachdem das Autofahren schon in mehreren Schweizer Kantonen erlaubt war, man sich in Graubünden aber immer noch lediglich mit dem vorgespannten Pferd als Antrieb auf vier oder zwei Rädern bewegen durfte.

“Mit welchem Stolz ich das erste Mal mit meinem nagelneuen Peugeot-6-Plätzer in Chur einfuhr, lässt sich nicht beschreiben”, schreibt Emanuel Willi weiter in seiner Chronik. “Der Wagen wurde nun für alles Mögliche verwendet, sei es für Krankentransporte, Taxifahrten usw. Noch im Herbst 1923 eröffnete ich die erste Fahrschule in Chur. Viel wäre darüber zu erzählen, beispielsweise wie das zu und her ging und wie damals die Kandidaten bei der ersten Prüfung von Ingenieur Peterelli durchgefallen sind.”

Erst nach einer weiteren Abstimmung im Jahre 1925 gaben die Bündner dem Auto «grünes Licht». Reisende ins Bündnerland mussten danach ihr Auto nicht mehr auf der St. Galler Seite der Tardisbrücke stehen lassen.

Das war auch ein Grund für die Firma J. Willi Sohn, den Betrieb zu erweitern. Denn schon 1923 gab es drei getrennte Abteilungen: Maschinenfabrik und elektrische Installationen, Sanitäre Anlagen sowie Angliederung der ersten Autoreparaturwerkstätte und Fahrschule.
Der Autosektor stand zunächst unter der Leitung von Emanuel Willi, der bereits 1926 die Fiat-Vertretung übernahm, vorerst als Untervertreter von Zürich.

1928 kehrte Josef Willi, der Grossvater des heutigen Firmenchefs, aus Südamerika zurück. Als Privatchauffeur hatte er Erfahrungen mit dem Auto in Argentinien gesammelt. Er übernahm die Leitung des Autogaragen-Betriebes. Am Bahnhof Chur standen bald die ersten Fiat Taxis, neu angeschlossen wurde ein Mietwagenbetrieb. Und als Konzessionär der Post wurden die Führung der Postautokurse bis 1963 übernommen.

Im Jahre 1948 erfolgte die Gründung der Calanda Garage AG mit einem Neubau mit moderner Reparaturwerkstatt und Tankstelle am heutigen Standort. Kaum ein Jahr danach wurde der Firmenchef Josef Willi seiner Familie und dem Geschäft entrissen.

Der 1948 neu erbauet Betrieb
Der 1948 neu erbauet Betrieb

Die Geschäftsleitung übernahm der damals nicht ganz 20jährige Sohn Mario Willi, der dazu von der Regierung vorzeitig als volljährig erklärt werden musste. In den Folgejahren erweiterte Mario Willi die Garage kontinuierlich und übernahm 1982 als Konzessionär die Repräsentanz der Marke Peugeot im Kanton Graubünden, St.Galler Oberland und dem Fürstentum Liechtenstein.

1987 übergab Mario Willi seinem Sohn die Geschäftsleitung der Garagenbetriebe. Obwohl 90 Jahre alt, ist die traditionelle Universalgarage gar nicht verstaubt. Im modernen Garagen-Neubau arbeitet ein topmotiviertes, sehr gut ausgebildetes Team mit modernster Technik und Werkzeug.

Und mit Peugeot kann das breite Spektrum vom kleinen Flitzer bis zum wirtschaftlichen Nutzfahrzeug bestens abgedeckt werden.”

Soweit zum Bericht aus 2013. Das 90-jährige Jubiläum wurde mit einer großen Schau historischer Peugeot-Fahrzeuge begangen, von denen der 401 und der 402 unserem Registermitglied gehören:

Typ 190 aus dem Besitz des Autohauses
Typ 190 aus dem Besitz des Autohauses
Peugeot 401
401 und
Peugeot 402
402 sowie im Hintergrund der 403
Peugeot 203
203 und 205 neben der modernen Verwandschaft
Baureihen 404, 504 und 405
und hier die neueren Baureihen 404, 504 und 405

Ergänzung: Das Autohaus firmiert auch im Jahr 2020 noch unter Willi AG. Im Jahr 2017 hat Marco Willi den Betrieb jedoch verkauft, da er bis kurz vor seinem Ruhestand noch keinen Nachfolger gefunden hatte. Neuer Eigentümer ist die Auto Zollikofer AG aus St. Gallen. Auch sie ist ein Familienbetrieb, der seit fast 75 Jahren in der Branche tätig ist.