Bereits am 28.6. gab ich meinen 402 bei der Peugeot-Niederlassung in Stuttgart ab, wo er montags zusammen mit einer 404 Limousine und einem 504 Coupe verladen wurde. Der Transporter fuhr dann weiter nach Saarbrücken, wo die restlichen 5 Fahrzeuge, die als „deutsche Delegation“ nach Finnland fuhren, aufgeladen wurden.
Am 2.7. flogen meine Frau und ich unserem Auto von Stuttgart aus nach Stockholm hinterher. Schon der Flug war ein Traum, vom Start in Echterdingen bis zur Landung in Arlanda hatten wir Bodensicht und konnten die Mecklenburgische Seenplatte, die deutschen Ostseeinseln und dann die schwedische Seen- und Schärenlandschaft bewundern. Da wir uns mit den anderen Teilnehmern erst am 3.7. treffen sollten, blieb uns fast ein Tag, um einen Eindruck von der schwedischen Hauptstadt zu bekommen.
Mit dem Flughafenbus fuhren wir bis zum Hauptbahnhof. Dort war uns ein schwedisches Ehepaar behilflich, die richtige U-Bahnlinie (es gibt drei, die mit unterschiedlichen Farben markiert sind) zu unserem Hotel zu finden. Nach dem Einchecken fuhren wir sofort wieder in die Stadtmitte und verbrachten dort einen wunderschönen Nachmittag.
Am 3.7. hatten wir nach dem Frühstück noch rund 3 Stunden Zeit, die wir wieder in der Innenstadt verbrachten. Um die Mittagszeit waren wir bei der Peugeot-Niederlassung, wo unsere Autos schon abgeladen waren. Hier der erste Schock:
Der 402 weigerte sich standhaft, anzuspringen. Vermutungen, dass der Tank leer sei, stellten sich als falsch heraus. Schließlich wurde er in die Werkstatt geschleppt, wo der nachgerüstete Benzinfilter als Fehlerursache identifiziert und kurzerhand ausgebaut wurde.
Einige Teilnehmer waren bereits zum Fährhafen vorausgefahren. Als der 402 wieder lief, machten wir uns in einer Kolonne aus drei Fahrzeugen mitten im Berufsverkehr auch auf den Weg. Dieser führte uns auf der Autobahn durch einen mehrere Kilometer langen Tunnel, was mir ziemliches Bauchweh verursachte – man stelle sich vor, dort liegen zu bleiben…
Aber glücklicherweise waren meine Befürchtungen unbegründet und wir kamen so zeitig an, dass ein Teil der Gruppe sich noch zu Fuß Richtung City aufmachte. Die anderen schwitzten in der schwedischen Mitsommer-Sonne und knüpften erste Kontakte mit Teams aus Frankreich, der Schweiz, Belgien und Schweden, die aufgrund ihrer Peugeot-Klassiker unschwer auch als Teilnehmer am internationalen Treffen zu identifizieren waren.
Gegen 19 Uhr kam die Fähre und wir konnten unsere Autos nach einer weiteren halbstündigen Wartezeit auf das Schiff fahren. Ziemlich bald nach dem Ablegen trafen sich alle Teams im Restaurant wieder, von wo wir die sehr schöne Fahrt durch die Schären bei gutem Essen und – je nach Geschmack – einem Bier oder einer Flasche Wein genießen konnten. Es war weit nach 1 Uhr morgens, aber noch hell, als sich die letzten zurückzogen. Leider hatte ich für die Hinfahrt keine Kabine mehr bekommen, sodass wir einige Stunden recht ungemütlich auf „Liegesesseln“ in einem Großraum verbringen mussten. Aber auch das ging vorüber und schon gegen 5.30 saßen wir wieder am Panoramafenster und bewunderten die Inselwelt des Aland-Archipels vor der finnischen Küste.
Nachdem wir in Turku von Bord gegangen waren, ging es direkt die etwa 15 Kilometer zum Peugeothändler in Raisio, wo die Einschreibung für das Treffen erfolgte, wir unsere Autos waschen konnten und schon eine Menge klassischer Peugeots standen. Dort traf dann auch unser neuntes Team – Ilse und Egon Gothmann mit der 402 Cabriolimousine, die schon ein paar Tage eher nach Finnland gefahren waren und den Großraum Helsinki erkundet hatten – zu uns. Schnell hatten wir Kontakt mit den finnischen Peugeotfreunden, von denen wir schon einige von einem Treffen auf unserem Stand bei der RetroClassics in Stuttgart kannten, geknüpft.
Auch konnten wir einige Rallyefahrer, die ihre Titel auf Peugeot errungen hatten, kennenlernen – sie werden automatisch Ehrenmitglieder des finnischen Peugeotclubs. U.a. waren das Timo Salonen (Weltmeister 1985 auf einem 205) und Marcus Grönholm, der 2000 und 2002 die Weltmeisterschaft auf einem 206 für Peugeot einfuhr.
Nach und nach trafen die Teilnehmer ein, Fotos wurden gemacht und alte Bekannte begrüßt. Insgesamt waren 140 Klassiker der Marke aus 11 Nationen angemeldet. Nachdem abends auch die Gruppe des Peugeot 504 CCClubs mit weiteren 9 Fahrzeugen direkt aus St. Petersburg eingetroffen war, stellten wir Deutschen nach den Finnen die zweitstärkste Fahrzeug- und nach Finnen und Italienern die drittstärkste Teilnehmer-Delegation.
Leider waren insgesamt nur 6 Vorkriegsfahrzeuge nach Finnland gekommen. Das waren ein Italiener mit einem 201, ein Franzose mit einem Motorrad Typ 515, ein finnisches Ehepaar mit einem 202, Mr. Thierry Peugeot mit einem 601 aus dem Museum in Sochaux sowie Gothmanns und wir mit unseren 402ern.
Als wir zum Hotel fahren wollten, um einzuchecken, wurde Egon mit der Cabriolimousine vom finnischen Fernsehen „gekapert“ und längere Zeit nicht mehr gesehen. Als Belohnung lief dann in den Abendnachrichten ein ca. 10-minütiger Beitrag über das Treffen, in dem die Fahraufnahmen mit Egon’s Cabriolimousien den überwiegenden Teil ausmachten.
Um 18 Uhr gab es einen Empfang im Rathaus von Naantali. Nach den Reden des Bürgermeisters, des Präsidenten des finnischen Peugeot-Clubs, Thierry Peugeot’s sowie von Mdme. Dubois, der Geschäftsführerin der L’Aventure Peugeot, blieb ausreichend Zeit, das ganz vorzügliche Buffet zu genießen und sich mit Teilnehmern aus ganz Europa zu unterhalten.
Gegen 22 Uhr liefen wir dann durch die idyllische Altstadt, die vorwiegend aus im 18. und 19. Jahrhundert errichteten Holzhäusern besteht, Richtung Hafen und setzten uns bei allerbestem Wetter in ein Gartenrestaurant. Die Zeit verging wie im Flug und wir waren sehr erstaunt, als es plötzlich weit nach 1 Uhr war. Das fällt einem nicht auf, da es um diese Jahreszeit in Finnland ja nicht wirklich dunkel wird.
Der Samstag war der Ausfahrt zur Erkundung der Umgebung von Naantali gewidmet. Die Stadt hat ca. 9.000 Einwohner und ist ein sehr beliebtes Seebad. In mehreren Gruppen wurde gestartet und wir waren etwa 60 Kilometer durch die sehr reizvolle Umgebung unterwegs.
Gegen 11 Uhr wurde auf einer Wiese ein Picnic durchgeführt, von dort ging es über kleinste Straßen und Alleen weiter zum Sommersitz der Präsidentin, Schloß Kultaranta, das auf der – heute mit Brücken an das Festland angeschlossenen – Insel Luonnonmaa liegt. Dort erwartete uns bereits eine deutschsprachige Führerin. Der etwa einstündige Rundgang durch den rund 55 ha großen Park im Stil des ausgehenden 19. Jahrhun-derts war beeindruckend. Die Sommervilla an sich bekamen wir nur aus der Ferne zu sehen, da während der Anwesenheit der Präsidentin die direkte Umgebung aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich ist.
Von Kultaranta aus ging es weiter nach Turku, der – unter dem schwedischen Namen Abo – über 500 Jahr lang bedeutendsten Stadt Finnlands. Hier wurden u.a. der Komponist Jean Sibelius und die Läuferlegende Paavo Nurmi geboren. Unsere Anlaufstelle war das Marinemuseum, wo es Mittagessen gab und wir Gelegenheit hatten, die verschiedenen im Hafen liegenden Schiffe, darunter auch zwei Dreimaster, zu besichtigen.
Da für den Abend die Gala anstand, fuhren die meisten direkt zurück zum Hotel, um sich frisch zu machen oder noch die Angebote wie Sauna, Fitnesscenter etc. zu nutzen. Einen Sektempfang gab es im Hotel, anschließend ging es per Bus zum Restaurant am Hafen. Nach dem Menue wurden die Ehrungen vorgenommen. Ilse und Egon Gothmann bekamen verdienter Maßen den Preis für das schönste Vorkriegsauto, das Ehepaar Järvi mit dem 202 den für den schönsten Wagen aus Finnland.
Sonntag früh – oh Schreck – einige Regentropfen. Nach Frühstück und Auschecken aus dem Hotel fuhren wir in kleinen Gruppen zurück zum Marinemuseum nach Turku. Dort bestiegen wir kleine Schiffe zur Rundfahrt durch den Aland-Archipel. Kurz nach dem Auslaufen passierten wir das auf der Halbinsel Ruissalo liegende Gelände, auf dem gerade das größte Rockfestival Finnlands, „Ruisrock“ abgehalten wurde.
Die Schärenfahrt war wunderschön, das Wetter hatte sich wieder aufgeklart. Auf fast jeder der größeren der etwa 6.500 Inseln stehen stolze Gründerzeit-Villen oder kleine Sommerhäuser und kurz bevor wir wieder zurückfuhren, konnten wir noch einen Blick auf die Werft von Naantali werfen, auf der im Augenblick das größte Kreuzfahrtschiff der Welt in Arbeit ist.
Bevor wir Turku wieder anliefen, ging es zum Mittagessen auf die Insel Pikku-Pukin, wo wir auch noch etwas Zeit hatten, uns am Strand umzusehen. Insbesondere die Kinder hatten dabei ihren Spaß, sie tobten die Felsen entlang oder spielten im Kiefernwald Verstecken.
Als Abschluß des Treffens fuhren alle Teilnehmer zum Domplatz von Turku. Dort wurden die Autos in Reih und Glied abgestellt und die Besatzungen versammelten sich auf der großen Freitreppe zum Gruppenfoto.
Nach und nach machten sich die Teams dann auf den Heimweg. Wir hatten noch etwas Zeit, die wir nutzten, um uns einen kleinen Überblick über die sonntäglich stille Innenstadt von Turku zu machen. Um etwa 19 Uhr waren wir wieder am Fährhafen. Mit der Fähre, die uns nach Stockholm zurückbringen sollte, kam eine ganze Gruppe von US-Oldies der 50er und 60er Jahre in Finnland an, die wohl beim zeitgleich stattfindenden “Power Big Meet” in Schweden teilgenommen hatten.
Die Kabine, die uns zu zweit für die Rückfahrt zur Verfügung stand, gab mit etwa 2 Meter Länge, 1 ½ Meter Breite und 2,20 Meter Höhe Grund zur Platzangst, sodass wir wiederum einen großen Teil des Abends im Restaurantbereich verbrachten, wo wir einen wunderschönen Sonnenuntergang bewundern konnten.
Um 5.30 Uhr wurden wir aus den Betten geworfen, um 6.30 öffneten sich die Bugtore und wir waren wieder auf schwedischem Boden. Über Nacht hatte sich das Wetter verschlechtert und es regnete in Strömen.
In Kolonne fuhren wir Richtung Peugeot-Niederlassung. Nachdem der 402 in Finnland einwandfrei gelaufen war, hatte der Autobahntunnel seinen größten Schrecken für mich verloren. Nach dem gemeinsamen Frühstück wurden die Autos zum Verladen abgegeben und wir stiegen in den schon wartenden Bus, mit dem wir noch eine Stadtrundfahrt absolvierten. Diese endete mit einer Führung durch das Wasa-Museum, in dem das mitten im Dreißigjährigen Krieg erbaute Schiff, das auf seiner Jungfernfahrt noch im Bereich des Stockholmer Hafens gesunken ist, sehr überzeugend präsentiert wird.
Vor dem Mittagessen mussten meine Frau und ich uns ausklinken; der Bus brachte uns beide zum Hauptbahnhof, von wo wir dieses mal mit der Flughafenzubringerbahn in nur knapp 20 Minuten zum Flughafen Arlanda kamen. Gegen 19 Uhr waren wir wieder in Stuttgart, eine wunderschöne Reise, die wir ohne unseren Peugeot-Oldtimer so sicher nie gemacht hätten, war zu Ende.
Auf diesem Wege möchte ich mich nochmals ganz herzlich im Namen aller deutschen Teilnehmer bei Peugeot Deutschland für den Transport der Fahrzeuge bis Stockholm und insbesondere bei Frau Melanie Hippler für die sehr gute Organisation bedanken.
Michael Kreuz
P.S.: Nach dem Treffen gab es noch eine nette Überraschung: Unser 402 ziert das Titelbild der L’Aventure-Zeitschrift.
Fotoquelle: Amicale Peugeot Deutschland / Ulrich Bethscheider-Kieser