1929 ist ein bedeutsames Jahr – allerdings bedeutsam im negativen Sinne. Noch heute fällt einem sofort das Wort „Weltwirtschaftskrise“ ein, wenn von 1929 die Rede ist. Der Börsencrash an der Wall Street breitete sich wie ein Flächenbrand über den ganzen Erdball aus und riss viele Unternehmer mit in den Untergang. Darunter waren nicht wenige Automobilhersteller.
Nur sehr wenige Automobilfirmen überstanden das Finanz-Desaster so nahezu unbeschadet wie Renault und Peugeot in Frankreich. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass sich Frankreich schon seit Ende des Ersten Weltkriegs in einer Art wirtschaftlicher Dauerkrise befand und das Land von den Folgen des 1929er-Crash erst mit einiger Verzögerung getroffen wurde.
Peugeot hatte daher etwas Zeit, rechtzeitig einen Rettungsschirm in Gestalt eines neuen, modernen Modells aufzuspannen. Gerechterweise muss man allerdings festhalten, dass dessen Einführung zu Beginn der Krise schon sehr weit fortgeschritten war. Mit dem „Typ 201“ wurde gleichzeitig eine neue Namensgebung eingeführt und so ganz nebenbei eine ganze Fahrzeug-Dynastie gründet, die fast 10 Jahre lang produziert wurde.
Erstmals findet sich in der Peugeot-Typenbezeichnung mit dem „201“ die dreistellige Zahlenfolge, die eine Null in der Mitte führt und die noch heute – mit der Generation „08“ – in Gebrauch ist.
Da stand er also im Juli 1929, am Vorabend der monetären Katastrophe. Auffällig unauffällig und trotzdem gefällig gelang dem Typ 201 ein Auftakt nach Maß. Denn mit seinem 1.122 cm³-Motörchen, das 23 PS abgab, war er zwar kein Ausbund an Temperament, aber für die damalige Zeit durchaus zufriedenstellend bestückt. Vor allem aber war das Aggregat wartungsfreundlich und robust. Später vergrößerte man den Motor auf 1.307 cm³. In der letzten Evolutionsstufe lieferte der nunmehr 1.465 cm³ große Motor 35 PS.
Daran, und auch an der Tatsache, dass man dem 201 1931 eine vordere Einzelradaufhängung spendierte, kann man sehen, dass man es mit dem 201 sehr genau nahm und ihn immer auf dem Stand der Technik hielt.
Wesentlich zum Erfolg beigetragen haben wohl auch die verschiedenen Ausführungen, die es ab Werk zu ordern gab: Man offerierte ihn nicht nur als viertürige Limousine, sondern auch als zweitüriges Cabrio und als Coupé, ebenfalls mit zwei Türen. Die Bilder unten zeigen die Karosserievarianten (alle gezeigten Fahrzeuge aus dem Besitz unserer Mitglieder) genau in dieser Reihenfolge:
Auch an Handwerker und Händler wurde gedacht, für die spezielle Lieferwagen-Versionen zu haben waren.
Sogar Versuche mit einem Halbkettenfahrzeug auf Basis der “Kegress”-Technik wurden gemacht, um in die Rüstungsproduktion einzusteigen. Peugeot bekam dann alerdings den Auftrag nicht, so daß heute nur ein Exemplar, das sich im Peugeot-Museum befindet, überlebt hat.
Doch damit nicht genug. Peugeot kontaktierte keinen Geringeren als den Sportwagen-Spezialisten Ettore Bugatti. Der Wunsch: Einen lupenreinen Straßensportler auf 201-Basis. Bugatti zauberte daraufhin den 201-X, der auch bei Bugatti als Type 48 mitlief. Allerdings stand der 201-X unter keinem guten Stern. Der bei Peugeot in Lohn und Brot stehende Werksfahrer André Boillot machte sich 1932 mit seinem 201-X auf zum Training, das Bergrennen Côte d’Ars stand vor der Tür. Boillot, der 1919 die Targa Florio gewonnen hatte, kam bei einem der Trainingsläufe von der Strecke ab und verunglückte tödlich.
Auch wenn vom 201-X auf nur 20 Exemplare gebaut wurden, war der Serien-201 mit mehr als 142.000 gefertigten Einheiten überaus erfolgreich.
So oder so, der 201 legte den Grundstein für 90 Jahre erfolgreichen Peugeot-Kleinwagenbau.
Denn auch seine Nachfolger, vom 202 über den 205 bis hin zum 208, waren und sind Erfolgsgaranten. Und so manches Modell der 2er-Dynastie rettete das Unternehmen sogar vor der Pleite. Wie einst der 201.