Peugeot Typ 177 B – Karosserie „Coupe de Ville“

oder wie ein Mittelklasse – Peugeot der 1920er Jahre zu einer Oberklassen-Karosserie kam

Eines unserer Clubmitglieder kam kürzlich auf mich zu und teilte mir mit, dass von seinem verstorbenen Vater ein Peugeot 177 BH auf seine Mutter übergegangen ist, die aber mit dem Auto nicht wirklich etwas anzufangen wisse und es nun in gute Hände abgeben möchte.  

„Am Fahrzeug wurden die Holz- und Sattlerarbeiten, Technik, Verchromen etc. alles neu und recht gut gemacht. Auch die Lackierung hat mein Vater in Eigenregie mit seinen Möglichkeiten gemacht.
Wenn Sie mir doch bitte helfen könnten, auch weitere Infos über dieses Auto zu bekommen, da ich denke, dass der Aufbau sehr selten ist.
Ich weiß noch, dass mein Vater das Fahrzeug Anfang der 1980er mit angefangenem neuem Holzaufbau (Gerippe) gekauft hat, und es dann in Eigenregie wieder aufbaute.
Anbei einige Bilder, die Sie gern auch für die Homepage benutzen dürfen. Das Fahrzeug ist in der Vergangenheit auch mit dem kleinen Tank gelaufen, wurde aber nur auf 2 – 3 Ausstellungen gezeigt. Hierüber wurde damals sogar in Zeitschriften berichtet.
(Anmerkung: siehe Bilder ganz unten)
Ich möchte, dass der Peugeot irgendwann auch in neue Hände kommt, wo dieses Fahrzeug geschätzt wird und er in der Peugeot Szene bleibt.“

Da mir die Fahrgestellnummer auch überlassen wurde, habe ich zunächst einmal meine Literatur zu Rate gezogen. Dabei stellte sich heraus, dass es sich beim Wagen um einen 177 B/BL – vermutlich aus dem Baujahr 1926 – handelt.

Die FIN der letzten Serie der 177 B lauten 61001 – 64999, da fiel das Auto drunter; auf den zunächst genannte 177 BH entfallen die FIN 67501 – 69540, so daß diese Bauvariante „aus dem Rennen“ war.

Vom Typ 177 B/BL wurden 13.999 Exemplare, vom 177 BH nur 2.040 Stück gebaut.

Die mir dann zugesendeten Bilder im aktuellen Zustand zeigten eine “Coupe de Ville” – Karosserie, die ich  bisher noch nie bei einem Typ 177 gesehen hatte. Lt. Handbuch wurden vom 177 B/BL ab Werk als PKW nur ein Torpedo-Cabrio und eine geschlossene Karosserie „Conduite Interieur“ – also Innenlenker – ausgeliefert. Außerdem wurden zwei Nutzfahrzeug-Karossen als Camionette (Fahrerhaus mit Ladefläche) sowie “Charette Normande” (eine Art Cabrio mit Holzaufbau, der sich auch zum Transport von Gütern oder Tieren eignet) angeboten.

Weit und breit aber kein „Coupe de Ville“, das eigentlich nur von Fahrzeugen der Luxus-Klasse bekannt ist und normalerweise von einem Chauffeuer gesteuert wurde. Bei Peugeot gibt es Mitte der 1920 Jahre das Coupe de Ville auf den großen Schiebermotortypen 174, 176, 184 etc.
Bei einer Mittelklasse wie dem 177 ist eine zum Fahren durch einen Chauffeur gedachte Karosserie wie hier aber ausgesprochen selten.

Insoweit mußte ich zunächst davon ausgehen, dass der Erstbesitzer sich das Auto als “rollendes Chassis” gekauft hat und dann die gewünschte Karosse von einem Karosseriebaubetrieb hat aufbauen lassen, was zu dieser Zeit durchaus üblich war. Leider fand sich beim derzeitigen Besitzer aber weder am Auto selbst noch in den Papieren ein Hinweis auf den Karosseriebetrieb.

Das Rätsel löste sich dann, als unser Registermitglied zusätzlich zu den sehr schönen aktuellen Fotos noch Polaroid-Bilder schickte, die sein Vater vom Vorbesitzer, der wohl in der Gegend von Offenburg ansässig war, beim Kauf erhalten hatte.

Wie man gut erkennen kann, hatte der Wagen ursprünglich wohl einen geschlossenen Aufbau. Ob nun die Karosserie so marode war, dass sie nicht gerettet werden konnte oder in den 1970ern diese Karosserieform einfach nicht mehr gefiel, wird wohl nicht mehr nachzuvollziehen sein.

Fakt ist, dass der Besitzer auf dem „rollenden Chassis“ die “Coupe de Ville” – Karosse so aufbaute, wie das auch der Karosseriebauer in den späten 1920er Jahren gemacht hätte. Zunächst wurde ein Holzrahmen erstellt, auf dem dann die Bleche aufgenagelt wurden.    

Was den früheren Besitzer dazu veranlasste, das Auto halb fertig abzugeben, wird auch nicht mehr in Erfahrung gebracht werden können. Häufig wuchsen die Projekte den Leuten aber einfach über den Kopf.

Vom Vater unseres Registermitglieds wurde der Wagen dann wie oben beschrieben fertig gestellt und wir können uns heute über einen äußerst seltenen Aufbau auf dem Fahrgestell eines Peugeot 177 B freuen.  

Falls ein Leser Näheres bzw. Weiterführendes zu diesem speziellen 177 B oder zu Sonderkarossen auf diesem Fahrzeug generell weiss, freuen wir uns über Hergabe der Informationen.