Peugeot 202 (1938 – 1949)

Außergewöhnlich war der Peugeot 202 weder wegen seiner Technik noch seiner grundsätzlichen Architektur. Einzigartig in seiner Klasse waren jedoch die Stromlinienkarosserie und die hinter dem Kühlergrill verborgenen Lampen, die dem Kleinwagen einen hohen Wiedererken- nungswert verschafften.

Peugeot 202 Berlinet
202 Berlinet

In den späten 1930er Jahren benötigte Peugeot einen modernen Nachfolger für das Modell 201. Ausgelegt auf vier Personen und etwas Gepäck, sollte der Wagen vor allem durch Energieökonomie und als Vielzweckfahrzeug überzeugen. 1938 stellte man dann den 202 auf dem Pariser Salon vor.

Peugeot 202

Technisch ging Peugeot mit dem Kleinwagen keine Wagnisse ein. Ein konventinelles Kastenrahmenchassis mit einem Radstand von 2,45 Metern bildete die Basis für die Ganzstahlkarosserie. Ein Vierzylindermotor mit dreifach gelagerter Kurbelwelle und obengesteuerten Ventilen produzierte 30 PS aus 1.133 ccm. Die Kraftübertragung erfolgte über ein Dreigang-getriebe an die Hinterräder. Vorne waren die Räder einzeln aufgehängt, hinten hingen sie an einer Starrachse.

Rund 7 bis 8,5 Liter Benzin verbrauchte das Fahrzeug gemäß Hersteller pro 100 km, die Höchstgeschwindigkeit des rund 800 kg schweren Fahrzeugs lag bei 100 km/h.

Peugeot 202

Während der über zehnjährigen Bauzeit wurden immer wieder Verbesserungen eingeführt, eine der wichtigsten kam aber erst nach dem 2. Weltkrieg: der Ersatz der Seilzugbremsen durch hydraulisch betätigte Trommelbremsen.

Neben der viertürigen Grundvariante bot Peugeot auch eine viersitzige Cabriolet-Limousine und ein zweisitziges Cabriolet mit vesenkbarem Verdeck sowie eine Kombiversion, genannt “Limousine Commerciale”an. Letztere verfügte über Heckflügeltüren bzw. wahlweise eine mittig geteilte Heckklappe. Außerdem gab es im Nutzfahrzeugbereich offene Pritschen- und Kastenwagen sowie “Canadienne” bzw. “Nevada” genannte “Woodies”.

Peugeot 202 Limousine Commercial, Baujahr 1938
202 Limousine Commercial, Baujahr 1938

Zwischen 1938 und 1949 wurden 104.126 Fahrzeuge gebaut, wobei die Produktion zwischen 1942 und 1945 gegen Null lag. Die meisten Kunden griffen zur viertürigen Limousine.

Rund 50 Seiten umfasst die Betriebsanleitung für den Peugeot 202, aber erst auf Seite 47 tauchen eigentliche Instruktionen zum Einsatz des Fahrzeugs auf, knapp vier Seiten werden insgesamt für die Fahrhinweise verwendet. Der Rest der Anleitung erklärt die Technik und gibt Hinweise für Wartung und Instandhaltung.

Größenvergleich - Peugeot 202 + Citroen DS
Größenvergleich – Peugeot 202 + Citroen DS

Es wird im Handbuch empfohlen, die Brennstoff-Pumpe von Hand zu betätigen, wenn die Witterung kalt ist. Nach den vor Fahrantritt üblichen Kontrollen von Schmierung, Benzin, Wasser, Reifendruck, Werkzeug und Ersatzteilen an Bord konnte mit dem Startprozedur begonnen werden.

Peugeot 202

Das liest sich dann – in der erstaunlicherweise auch in Deutsch herausgegebenen Fassung – wie folgt:
“Wenn der Fahrer seinen Platz eingenommen hat, muss er sich davon überzeugen, dass der Schalthebel auf Leerlauf steht und der Bremshebel angezogen ist. Soann ist die Zündung einzuschalten, der “Starter”-Knopf herauszuziehen, der Anlasser-Knopf zu ziehen und sofort wieder loszulassen, sobald der Motor läuft. Außerdem ist darauf achten, dass der Motor in kaltem Zustande nicht zu hohe Tourenzahlen dreht.”

Bei kaltem Motor wird zusätzlich empfohlen, diesen mit der Handkurbel einige Male durchzudrehen.

Peugeot 202 - Übersichtliches Armaturen"blech"
Übersichtliches Armaturen”blech”

Dann folgen die Instruktionen, um den Wagen in Bewegung zu setzen:

“Zur Fortbewegung drücke man mit dem linken Fuß das Kupplungspedal ganz hinunter und bewege den Schalthebel zuerst seitlich nach links und ziehe ihn nach hinten. Empfindet man einen Widerstand, wende man ja keine Kraft an, sondern man lasse das Kupplungspedal herauf, indem man den Schalthebel zurückgehen lässt, und drückt es wieder nieder, indem man den Schalthebel wieder betätigt. Ist der Schalthebel nun im ersten Gang, lässt man langsam die Kupplung einrücken, indem man den linken Fuss allmählich hebt und gleichzeitig, nachdem man den Bremshebel gelöst hat, den rechten Fuss auf das Gaspedal niederdrückt.”

So geht es weiter und die Fahrerei leidet nicht nur unter der hanebüchenen Übersetzung, sondern auch an fehlenden Illustrationen.

Peugeot 202

Tatsächlich stellt einen das Fahren eines Peugeot 202 nicht vor größere Herausforderungen, als man bei Fahrzeugen aus den 1930er/40er Jahren sowieso gewöhnt ist. Das Schaltschema folgt dem H-Schema, der erste (nicht synchronisierte) Gang liegt links hinten. Hat man nach Einlegen der weiteren (synchronisierten) Gänge ungefähr 60 km/h erreicht, fühlt man sich schon richtig schnell. Auf eine Erkundung der Spitze von 100 km/h will man sich gar nicht einlassen, so gross ist der Spass schon bei tieferen Geschwindigkeiten.

Peugeot 202

Man geniesst die recht gute Übersichtlichkeit, die kompakten Ausmasse und das häufig vorhandene Schiebedach, das den Blick nach oben freigibt.

Der Motor hängt recht gut am Gas und trötet lustig sein Vierzylinder-Lied. Die bei den ab 1946 gebauten Exemplaren verbauten Hydraulikbremsen verzögern den Wagen zuverlässig und man will gerne glauben, dass der 202 bis in die Fünfzigerjahre hinein ein beliebtes Gefährt war.

6.850 Franken kostete der kleine Peugeot im Jahr 1948 in der Schweiz, damit lag er etwa in der Mitte zwischen VW Käfer (Typ 11) und Opel Olympia. In Deutschland wurde er – außer im bis 1957 von Frankreich verwaltetem Saarland – nicht angboten.

Heute sind diese Fahrzeuge selten geworden Wer Glück hat, kann eine Limousine für eine gerade fünfstellige Euro-Summe finden, während die Cabriolets nur sehr selten angeboten werden. Restaurationen lohnen sich aus ökonomischer Sicht kaum, vieles muss nachgefertigt werden, oft ist viel Improvisation gefragt.

Peugeot 202 Cabriolet

Umso erfreulicher ist es, das sich immer noch Liebhaber finden, die die kleinen Autos am Leben erhalten.

Quelle Text: Zwischengas.com
Fotos: Mitglieder des Registers