Peugeot VLV (1941-1945)

Während der Besetzung durch die deutsche Armee ab September 1940 litt Frankreich unter der Rationierung von Produkten des allgemeinem Bedarfs. Ganz besonders war Benzin betroffen, das von der Besatzungsmacht praktisch nur den eigenen Streitkräften zur Verfügung gestellt und auf dem normalen Markt daher zu einer sehr seltenen Ware wurde; somit konnten auch die Franzosen, deren Auto nicht beschlagnahmt wurde, es nicht benutzen, da keine Treibstoffe zur Verfügung standen. Es musste auf das Fahrrad oder im Lastentransportbereich sogar wieder auf von Pferden oder Ochsen gezogene Gespanne ausgewichen werden.

Daher suchte man nach anderen Fortbewegungsmöglichkeiten, wozu neben Holzvergasern u.a. auch die Elektromobilität gehörte. Neben diversen Kleinstfirmen präsentierte die Firma Peugeot einen Elektrowagen: den VLV (Voiture Légère de Ville = leichtes Stadtfahrzeug). Man hoffte, ein für den Konzern lebenswichtiges neues Produkt entwickelt zu haben, das auch in Zeiten von Benzinmangel zu verkaufen sein würde.

Konstruktionszeichnung Peugeot VLV

Der VLV musste (wie auch die heutigen modernen Nachfolger noch) mit den Einschränkungen eines Elektromotors zurechtkommen. Das sind hauptsächlich die sehr beschränkte Reichweite von im Fall des VLV maximal 80 Kilometern und das hohe Gewicht der Batterien von etwa 200 Kilogramm. Deshalb wurde der VLV ein kleines Auto, das nur das absolute Minimum an Fahrkomfort bot und jedes überflüssige Gramm einsparte. Die Dimensionen sind für ein Auto der 1940er Jahre ausgesprochen gering:
2,67 Meter lang und 1,12 Meter breit; das Gewicht lag inkl. der 158 Batterien in 4 Blöcken, die allein 200 Kilo wogen, bei nur 365 KG. Das Gefährt konnte nur zwei Erwachsene transportieren.

Peugeot VLV

Der Zwang zur Gewichtseinsparung wirkte sich auch auf die Karosserie aus. Daher wurde der  Peugeot VLV als Cabriolet konzipiert, bei dem nur eine kleine Plane seine Insassen vor schlechtem Wetter schützte. Bei der Ausstattung sparte Peugeot ebenfalls radikal. So schmücken nur zwei Instrumente das Armaturenbrett – eins als Tachometer und das andere als Spannungsanzeige.
Zwischen den Sitzen befindet sich ein Wechselrichter, der als Rückwärtsgang eingesetzt wird. Die Batterieblocks und das Netzteil befinden sich vorne unter der Motorhaube. Das Wägelchen läuft mit 48 Volt und leistet zwischen 1,3 und 3,5 PS. Damit erreicht es eine Geschwindigkeit von etwa 35 km/h bei einer Reichweite von 75 – 80 Kilometern.
Der Elektromotor treibt die Hinterräder an, die sich in der Mitte des Autos befinden und nur 33 cm auseinander liegen. Diese Konstruktion ermöglicht es, auf ein Differential zu verzichten, um Gewicht einzusparen.  

Am 1. Mai 1941 wurde der Peugeot VLV im Werk La Garenne präsentiert. Dort wurde er auch gebaut, da das Werk Sochaux von der deutschen Besatzungsmacht zur Produktion von Nutzfahrzeugen ausgelastet ist. Als Kundschaft hat man Ärzte und die französische Post im Auge. Allerdings wurde der Verkauf von Elektrofahrzeugen an Privatleute von der Vichy-Regierung im Jahr 1942 verboten. So wurden bis 1945 lediglich 377 Exemplare des VLV für die Post gebaut.

Peugeot VLV

Der Peugeot VLV ist das erste Elektroauto der Löwenmarke und war zu seiner Zeit vermutlich eines der erfolgreichsten Elektroautos in Europa. Allerdings blieb er durch die erzwungene Produktionsbeschränkung ein sehr seltenes Auto: Die letzten überlebenden Exemplare sind Museumsstücke und werden bei der Auktion zu sehr hohen Preisen gehandelt.

Kürzlich gab es einen größeren Bericht in der Zeitschrift Gazoline über einen VLV in französischem Privatbesitz.

In Deutschland befindet sich unseres Wissens nur ein VLV im PS-Speicher in Einbeck.

In Frankreich kann man einen im Musee Peugeot – dort läuft aktuell eine große Sonderausstellung zum Thema Elektromobilität –

und im Automobilmuseum in Azay-le-Rideau in der Nähe von Tours finden. Vielen Dank an Herrn Dirk Adam für die Überlassung der Fotos von dort.

Nach unbestätigten Berichten soll sich ein weiteres – unrestauriertes – Exemplar in den Reserven des Schlumpfmuseums in Mulhouse befinden.

Außerdem gibt es wohl noch einen im Louwmannmuseum in Den Haag