MATCHING NUMBERS – eine richtungsweisende Gerichtsentscheidung

Unter dem Az 329059/18 verkündete das Landgericht Hamburg am 29. Januar 2021 eine mehr als richtungsweisende Entscheidung in Bezug auf den Begriff „MATCHING NUMBERS“. Was in diesem Urteil dezidiert festgeschrieben wurde, das ist so etwas wie „Balsam auf der Seele“ aller Oldtimer-Originalisten, wird aber manchem Händler nicht gefallen.

Zum Tatbestand folgende Fakten (von uns auszugsweise übernommen und „lesbarer“ gemacht):

Nach dem Erwerb eines seltenen Oldtimer-Fahrzeugs von einem in Hamburg ansäßigen Oldtimerhandel verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadenersatz u.a., weil es sich bei dem im Fahrzeug verbauten Motor nicht um einen „matching numbers“ Motor handele.

Die Beklagte erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug in den Niederlanden und bot es im Herbst 2015 zum Verkauf an. Sie bewarb das Fahrzeug als Jaguar XK 150S Roadster mit Linkslenkung und 3,8 Liter Motor aus dem Jahr 1960, das „seltenste Modell aller innerhalb der XK-Serie produzierten Fahrzeuge“, von dem es nur 14 Exemplare weltweit gebe. Es handele sich um ein „super Investment“.
Die Motornummer des streitgegenständlichen Fahrzeugs wurde wie folgt angegeben:

VAS 1193-9 – ‚Matching Numbers‘

Der Kläger erwarb das so angepriesene Fahrzeug am 26.10.2015 zu privaten Zwecken zu einem Preis von 305.000,00 €. In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag findet sich unter dem Abschnitt „Fahrzeugbeschreibung/Zubehör“ ebenfalls der Verweis auf einen „matching numbers“ Motor.

Das Fahrzeug wurde am 09.11.2015 an den Kläger übergeben. Die Zahlung erfolgte zu etwa 40 % in bar, außerdem wurde ein Oldtimer in Zahlung gegeben, der zwischenzeitlich weiterverkauft wurde.

Der Kläger nutzte das neue Fahrzeug in erster Linie als Liebhaber- und Sammlerstück, nicht dagegen für den täglichen Gebrauch. Insgesamt legte er von November 2015 biss Herbst 2017 lediglich 300 km damit zurück und plante dann, das Fahrzeug weiterzuverkaufen.

In diesem Zusammenhang erfuhr er erstmals davon, dass in den einschlägigen Internetforen für Oldtimer das von ihm erworbene Fahrzeug als „Fälschung“ bewertet wurde. Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten die umgehende Rückabwicklung des Vertrages. Die Beklagte lehnte dies ab und lies die ihr gesetzte Frist bis zum 19.12.2017 zur Rückzahlung von insgesamt 305.000 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verstreichen.

Nach einem längeren, bis Dezember 2020 andauernden Rechtsstreit entschied dann das Landgericht Hamburg wie folgt:

Branchenübliches Verständnis von „matching numbers“ Motor

Die Tatsache, dass in dem Fahrzeug nicht mehr der Motor verbaut ist, mit dem das Fahrzeug ursprünglich vom Band gelaufen ist, steht der Abrede der Parteien entgegen, wonach ein „matching numbers“ Motor geschuldet war.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den sorgfältigen, fundierten und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, der das hier maßgebliche branchenübliche Verständnis der Begrifflichkeit (§§ 133, 157 BGB) in umfassender Weise aufgearbeitet und seine Einschätzung auf dieser Basis für das Gericht überzeugend erläutert hat.

Danach existiert in der Oldtimerbranche zwar kein ein eindeutiges Verständnis der Begrifflichkeit, bei einer überwiegenden Mehrheit der Verkehrsteilnehmer werde die Bezeichnung eines Fahrzeugbauteils als „matching numbers“ aber so verstanden, dass es sich um ein Originalbauteil handele, dass bereits bei der Auslieferung vorhanden war und nicht etwa im Nachhinein ausgetauscht wurde.

Der Begriff erschöpfe sich also gerade nicht in der bloß alphanummerischen Übereinstimmung der Ziffern auf dem Bauteil mit den Auslieferungsbelegen, sondern signalisiere darüber hinaus die Originalität des fraglichen Bauteils, hier also des Motors.
Mit Originalität sei der Zeitpunkt gemeint, zu dem das Fahrzeug vom Band gelaufen sei.

Gerade im hochpreisigen Segment des Oldtimermarktes wirke sich die Originalität bestimmter Bauteile werterhöhend aus, weswegen „matching numbers“ ein wesentlicher, den Preis bestimmender Faktor sei. Je teurer das Fahrzeug, umso wichtiger sei dies.

Auch das hier streitgegenständliche Fahrzeug gehöre zu diesem oberen Marktsegment. Vergleiche man das vertraglich vereinbarte mit dem tatsächlich gelieferten Fahrzeug, so handele es sich nicht um dasselbe, da die Abrede „matching numbers“ nicht eingehalten sei.

Hiermit ist das Urteil des Landesgericht Hamburg so etwas wie ein Meilenstein für die zukünftige Beschreibung und Beurteilung des Begriffes „MATCHING NUMBERS“ in Bezug auf ein historisches Fahrzeug. Händler und Auktionatoren, aber auch private Verkäufer werden künftig bei ihren Fahrzeugbeschreibungen wesentlich zurückhaltender agieren müssen.