Peugeot Typ 402 (1935 – 1942)

Als Citroën 1934 seinen Traction vorstellte, waren die anderen französischen Hersteller von dessen Modernität überwältigt. Peugeot antwortete 1935 mit dem 402, einer Limousine, die mitten im modernen Stromlinien-Trend lag und ein sehr innovatives Design aufwies, obwohl der technische Aufbau des Wagens sehr konventionell blieb…

Peugeot 402 - eine Limousine der erste Serie mit flachem Kühlergrill
Peugeot 402 – eine Limousine der erste Serie mit flachem Kühlergrill

Auch wenn der Peugeot 402 im Jahr 1935 nicht das erste Auto ist, das mit den Design-Codes der Zeit bricht, so ist er doch eines der modernen Autos, die durch eine sehr flüssige und ausgewogene Linie auffallen. Um den Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise, durch die der Automarkt stark eingebrochen war, zu begegnen, gingen einige Akteure von den eckigen Karosserien der 1920er Jahre zu abgerundeten Linien über. Der erste davon war Chrysler mit dem Airflow, der aber den Geschmack des US-Publikums überforderte und kein wirtschaftlicher Erfolg wurde.

Chrysler Airflow
das optische Vorbilde – der Chrysler Airflow

In Europa begannen die Hersteller, die eckigen Linien ihrer Autos aufzugeben; Citroën ging mit seiner Traction durch eine Reihe technischer Innovationen jedoch viel weiter. Peugeot beschloss, Citroën die Stirn zu bieten. Allerdings hatte die Marke aus Sochaux nicht den gleichen Innovationsgeist wie Citroën, und das einzige, womit der Löwe sich abheben konnte, war sein Design.

Henri Thomas, seit 1932 Styling-Chef bei Peugeot (und er sollte diese Stelle bis 1960 bekleiden), wurde mit der Aufgabe betraut, die stilistische Richtung des Projekts „402“ vorzugeben, das den Peugeot 401 ersetzen und ein Auto schaffen sollte, das mit dem Traction konkurrieren konnte.

Der 402 bekam eine fließende Linie, die vom Wind geformt zu sein scheint. Die Oberflächen sind glatt, Peugeot wagt sogar, die Scheinwerfer hinter dem skulpturalen Kühlergrill zu verstecken, aus dem im oberen Teil das Emblem der Marke herausragt. Das Heck des Wagens ist nicht zu übertreffen, sehr windschlüpfrig zulaufend. Diese Rückfront zeigt mittig zwei kleine Leuchten rechts und links neben dem hochliegenden Kennzeichenträger, darüber eine zweiteilige Heckscheibe und darunter ein Reserverad unter einer Abdeckung

Peugeot 402 Front der ersten Serie
Front und Heck des 402 der erste Serie
Peugeot 402 Heck der ersten Serie

Wegen der Abweichung vom üblichen Stil der Marke wurde diese mit dem 402 beginnende, im 302 und 202 fortgeführte Linie „Fuseau de Sochaux“ (Spindel aus Sochaux) genannt.         

Die Form des Peugeot 402 war revolutionär. Peugeot entschied sich bei ihm aber auch für eine technische Innovation, da bei der Gestaltung der Karosserien auf den üblichen Holzrahmen verzichtet wurde. Die Karosserie ist komplett aus Stahl um eine Monocoque-Architektur herum gefertigt. Im Gegensatz zur Traktion ist sie aber nicht selbsttragend, da sie auf ein Chassis aus Rohren aufgesetzt ist. Diese Bauweise macht es möglich, die Karosseriehöhe und damit den Schwerpunkt des Autos zu senken.

Der Peugeot 402, der am 3. Oktober 1935 auf dem Pariser Automobilsalon der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, fand sofort Beachtung und wurde zu einem direkten Konkurrenten des Traction Citroën und des Renault Vivaquatre. Peugeot präsentierte auf seinem Stand mehrere Karosserievarianten des 402. Neben der 6-sitzingen Limousine auch die achtsitzige Familiale, eine Grand Luxe-Ausstattung, einen Roadster, ein Cabriolet.

Der Peugeot-Stand auf dem Salon 1936 im Grand Palais
Der Peugeot-Stand auf dem Salon 1936 im Grand Palais – die gesamte 402-Palette ist versammelt: Limousine, Coach, Cabrio, Decovrable, Legere, Eclipse, DarlMat und sogar das Fahrgestell mit dem Dieselmotor

Außerdem gab es das Eclipse genannte Coupe-Cabriolet Metallique, dessen Besonderheit ein versenkbares Hardtop war, das zunächst durch einen Elektromotor und später manuell angetrieben wurde, um Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Batterien auszuräumen. Zu einem überhöhten Preis vermarktet, fanden bis 1938 nur 600 Exemplare Abnehmer.

Bestellungen konnten sofort auf dem Salon aufgegeben werden, aber die Auslieferung begann erst 1936 in größerem Umfang.      

Peugeot 402 "Eclipse" - hier als viersitziges Cabrio mit Metalldach (Typ E4Y)
Peugeot 402 “Eclipse” – hier als viersitziges Cabrio mit Metalldach (Typ E4Y)

Auf dem technischen Datenblatt des Wagens verblüfft eine optionale Ausstattungsvariante:
Der Peugeot 402 konnte mit einem Automatikgetriebe ausgestattet werden, wobei der Kunde die Wahl zwischen einer von Gaston Fleischel entwickelten mechanische und einer von Jean Cotal entworfenen elektrischen Vorwahl-Version hatte. Damit war  Peugeot einer der ersten Hersteller, der diese Ausstattung anbot, doch der Preis des Fleischel-Getriebes von 6.000 FF schreckte viele Kunden ab. Auf der anderen Seite entschieden sind etwa 10 % der Kunden für die elektromagnetische Übertragung von Cotal!

Der große Erfolg des Peugeot 402 überraschte sogar den Hersteller. Noch 1936 stellt Peugeot den 302 vor, der nur ein verkleinerter 402 war, dessen Absatz aber enttäuschte.

Peugeot 302
Peugeot 302

Als Versuchs- und Rekordfahrzeug gab es einen Prototypen mit extremer Stromlinienausformung, den 402 Andreau  

Stromlinien-Rekordwagen 402 Andreau
Stromlinien-Rekordwagen 402 Andreau

1937 begann der Absatz des Peugeot 402 zu schwächeln. Peugeot schaffte Abhilfe, indem der 402 Legere auf den Markt kam – ein Modell, das zwar das 402-Fahrgestell mit kurzem Radstand und dessen 2-Liter-Motor übernahm, aber die Karosserie des 302 erhielt.

Im darauffolgenden Jahr wurde aus diesem Modell der 402 B Légère mit dem neuen 2.142 cm3-Motor, den es sich mit dem im Oktober 1938 in das Peugeot-Programm aufgenommenen 402 B teilte

Peugeot 402 B Legere
402 B Legere

Diese neue Version bekam außer dem 2,2 Liter Motor ein Facelift – der Kühlergrill wurde breiter und der Modellname wurde in den oberen Teil verlegt, während am Heck ein Kofferraum aufgesetzt wurde, der die Stromlinie stark verunstaltet. 

Ein 402 der zweiten Serie
Ein 402 der zweiten Serie – der “B” ist leicht am aufgesetzten Kofferraum zu identifizieren

1939 liefert Peugeot Karosserien des 402 an Berliet; dort will man aus der PKW-Produktion aussteigen, hat aber noch einige hundert Fahrgestelle und Motoren, für die man eine moderne Karosse benötigt. Es entsteht der Berliet Dauphine.  

Berliet Dauphine - deutlich ist zu sehen, dass die Kabine vom Peugeot 402 B stammt
Berliet Dauphine – deutlich ist zu sehen, dass die Kabine vom Peugeot 402 B stammt

Seit 1938 untersuchte Peugeot die Möglichkeit, einen 402 mit Dieselmotor auf den Markt zu bringen, doch die Kriegserklärung an Deutschland machte diesem Projekt einen Strich durch die Rechnung, wie auch den Plänen, einen 8-Zylinder mit an den 402 angelehnter Karosserie unter dem Namen “Projekt 802” zu produzieren.   

Peugeot 402 Fahrgestell mit Dieselmotor aus dem Jahr 1935
402 Fahrgestell mit Dieselmotor aus dem Jahr 1935

Im Sommer 1940 fielen die Peugeot-Werke in die Hände der deutschen Besatzer. Die Produktion des 402 wurde zunächst fortgeführt, 1942 aber zugunsten der Herstellung von LKW für die Wehrmacht eingestellt.

Somit blieb es bei insgesamt 75.068 produzierten Einheiten.