Peugeot 601 DL – Eclipse “Pagnol”

Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol" als Modell
Lange dachte man, dass der Wagen nur noch als Modell bewundert werden könnte

Hier zeigen wir einen berühmten Wagen, der als Einzelstück für den Regisseur Marcel Pagnol gebaut wurde und im Film “Le Schpountz” aus dem Jahr 1938 mit Fernandel als Hauptdarsteller eingesetzt war.

Filmszene aus "Le Schpountz" mit Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol"

Es ist eine Geschichte, die der Erstbesitzer des beschriebenen Wagens gut in einem Film hätte erzählen können – reich an Erfolg, Dramatik, Begegnungen und mit der sich nun abzeichnenden Möglichkeit einen Happy-Ends: Dass nämlich der einzigartige Peugeot 601 Eclipse, der einst dem Schriftsteller und Regisseur Marcel Pagnol gehörte, wieder in den alten Glanz zurück versetzt wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, lanciert Nicolas Pagnol, der Enkel von Jacqueline Bouvier und des berühmten französischen Schriftstellers, Drehbuchautors, Produzenten und Dramatikers, in Partnerschaft mit den Besitzern dieses unbezahlbaren Automobils, Hubert Auran und Arnaud Lagadec, eine Spendenkampagne.

Seit 16 Jahren verwaltet Nicolas Pagnol den Nachlass seines Grossvaters, eine ehrgeizige Initiative, die es heute ermöglicht, das Werk von Marcel Pagnol weiterzuführen. Der Peugeot 601 Eclipse, den Sie hier vielleicht zum ersten Mal sehen, ist somit Teil des französischen kulturellen Nationalerbes. Als solches war der Wagen neben Fernandel im Film “Le Schpountz” aus dem Jahr 1938 zu sehen.

Pagnol (Mitte), Fernandel (hinten links) und weitere Schauspieler bei den Dreharbeiten zu “Le Schpuntz” im Jahr 1938

Bevor die Geschichte dieses Wagens und die Schicksale, die er im Laufe der Zeit seit 1935 zusammengebracht hat, erzählt wird, wollen wir darauf eingehen, warum er so außergewöhnlich ist und bereits eine Geschichte der Begegnungen zwischen französischen Genies darstellt.

Marcel Pagnol im Jahr 1948
Marcel Pagnol im Jahr 1948

Die Ponton-Karosserie dieses einzigartigen Peugeot 601 DL Eclipse verdanken wir dem Karosseriekünstler Marcel Pourtout. Es ist – soweit bekannt – der einzige von Pourtout karossierte 601, was ihn zu einem sehr exklusiven Beispiel unter den insgesamt nur knapp 2.000 Fahrzeugen dieser Baureihe macht.

Eine weitere Besonderheit ist die Ausstattung „Eclipse“ – ein stählernes Coupe /Cabrio-Dach, das elektrisch in den Kofferraum eingefahren werden kann. Diese Technik – 1933 erstmals an einem Peugeot 301 umgesetzt – vom genialen Georges Paulin entwickelt. Ursprünglich als Zahntechniker tätig, wechselte er in die KFZ-Designer-Branche und war von den späten 1920er Jahren bis zu seiner Erschiessung durch die Gestapo in Jahr 1942 zunächst für Pourtout, später für Bentley tätig.  Nach  Anmeldung seines Patents im Jahr 1931 arbeitete er mit Marcel Pourtout und Emile Darl’mat zusammen, um seine Erfindung bis zur Großserienreife zu bringen.

Die nur 20 entstandenen Peugeot 601 Eclipse sind auf einem röhrenförmige Fahrgestell (Peugeot-Patent „Bloctube“) aufgebaut; die Karosserie ist teilweise auf einer Holzkonstruktion montiert. Die Motoren sind durchweg 6-Zylinder mit 2.148 ccm, deren Leistung von 60 PS auf die Hinterräder übertragen wird. Nachdem Sie nun fast alles über diesen “Oberklasse-Löwen” der 1930er Jahre wissen, wenden wir uns nun der Geschichte des Autos von Marcel Pagnol zu. 1935 erwarb Marcel Pagnol den einzigen von Pourtout auf einem 601 DL-Fahrgestell gebauten Eclipse. Fünf Jahre später erwarb Pagnol das Château de La Buzine in Marseille mit der Idee, es zum größten französischen Filmstudio zu machen und mit den Hollywood-Studios zu konkurrieren. Leider hat der Zweite Weltkrieg diesem Projekt ein endgültiges Ende gesetzt.

Diese außergewöhnliche Kreation wurde von Josette Day, der Frau von Marcel Pagnol, 1935 beim Concours d’Elegance in Monaco präsentiert und gewann den ersten Preis.

Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol"
Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol" präsentiert von Josette Day

Da die deutschen Besatzungstruppen auch im „unbesetzten“ Vichy-Frankreich immer präsenter wurden, siedelte Marcel Pagnol ins Departement Sarthe über, wo er bis zur alliierten Landung am „D-Day“ (6.6.1944) bleibt. Vor seiner Abreise bat Pagnol seinen Verwalter, den Peugeot 601 Eclipse unter Heuhaufen zu verstecken, damit die Nazis nicht in den Besitz seines “vierrädrigen Schatzes” kommen.

Nach dem Ende des Weltkriegs kehrte Marcel Pagnol nur noch selten ins Schloss zurück. Skrupellose Besetzer zögern nicht, das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert zu plündern. Auch das Auto entgeht dem Vandalismus der Plünderer nicht. Mit Meißeln fallen sie über das Auto her und entfernen alles, was sich bei der Rohstoffknappheit der unmittelbaren Nachkriegszeit zu Geld machen lässt. Das betrifft sowohl Interieur und die Aluminium-Teile der von Marcel Pourtout geschaffenen Pontonkarosserie als das von Georges Paulin erfundene Dach und den Motor.

In den frühen 1970er Jahren tritt der erst knapp 30 jährige Hubert Auran in die unglaubliche Geschichte des Peugeot 601 Eclipse ein. Als Automobil-Enthusiast und bereits bekannter Sammler erfuhr er von Antoine Raffaelli, einem großen Mann des französischen Motorsports, dass sich Marcel Pagnols Peugeot 601 Eclipse noch im Schloss befand. Sofort beschloss er herauszufinden, wie er an dieses einzigartige  Auto kommen kann und nahm Kontakt mit Marcel Pagnols Jugendfreund und Chefdekorateur Marius Brauquier auf.

Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol" ca. 1989

Einige Wochen später, im Frühjahr 1973, erfährt Hubert Auran von ihm, dass Marcel Pagnol in der Region sei. In französischer Tradition lädt Marius Brauquier ihn zu einem Mittagessen ein, bei dem auch Pagnol anwesend ist. Im Alter von 28 Jahren ist Auran gegenüber dem großen Marcel Pagnol recht schüchtern – doch Pagnol spürt seine Liebe zu Autos und bietet ihm den Peugeot 601 Eclipse an. Nur wenige Monate später wurde der Peugeot von Hubert Auran geborgen, kurz bevor Marcel Pagnol im April 1974 starb. Seither wird der Peugeot – mit einer Ausnahme auf einer Autoschau in Lyon im Jahr 1989 – vor neugierigen Blicken geschützt.

Peugeot 601 DL - Eclipse "Pagnol" ca 1989

Hubert Auran ist inzwischen ein weltbekannter Oldtimersammler; mit einem Teil seiner Fahrzeuge stattet er Filmproduktionen aus. Ich selbst hatte vor einigen Jahren die Gelegenheit, die mehrere große Hallen umfassende Sammlung zu besichtigen – Hubert Auran hat allein 22 Peugeot 402, wovon der absolut überwiegende Teil Sonderkarosserien wie Cabrios, Coupes, Eclipse und DarlMat Roadster bzw. Coupes sind.  

Sein Schwiegersohn, Arnaud Lagadec, ist Restaurator von Oldtimern und hat sich entschlossen, den Peugeot 601 Eclipse „Pagnol zu übernehmen. Eine weiterere Protagonistin kommt jetzt in unsere Geschichte – Vivien, eine große Sammlerin, der es gelingt, einen Motor für den 601 zu finden.
Jahr für Jahr sucht und kauft Arnaud alle Teile, die für den Wiederaufbau des Pagnol-Eclipse benötigt werden. Einige dieser mechanischen Teile stammen aus einem Peugeot 401, der als Teileträger gekauft wurde. Zufall oder Schicksalszeichen: Ohne es zu wissen, hat Arnaud Lagadec diesen Peugeot 401 Teileträger von Frédéric Davy gekauft, der der Enkel von Marius Brauquier ist!

Nun ist man in der Lage, bereit, dem 601 Eclipse “Leben einzuhauchen”, wobei man ein Maximum an originalen Teilen der ursprünglichen Autos weiterverwenden möchte. Das auch dann, wenn diese von den Plünderern oder der Abnutzung stark beschädigt sind und aufwändig wieder aufgearbeitet werden müssen.

Der Marcel-Pagnol-Fonds unter Leitung von Nicolas Pagnol hat sich nun entschlossen, sich an der Restaurierung des 601 Eclipse zu beteiligen. Allerdings ist er für dies Aufgabe bei weitem  unterfinanziert. Es wird sehr viel Engagement nötig sein, um die Summe aufzubringen, die für die vollständige Restaurierung von Marcel Pagnols Peugeot 601 Eclipse benötigt wird.

Daher hat man eine Spendenaktion ins Leben gerufen, um Nicolas, Hubert und Arnaud helfen, ihren Traum zu verwirklichen. Gegen steuerlich absetzbare Spendenquittung kann man sich in Frankreich an dieser Aufgabe beteiligen

In einigen Jahren könnte der fabelhafte 601 Eclipse also im zukünftigen Marcel-Pagnol-Museum ausgestellt werden – ein Projekt, das uns allen am Herzen liegen dürfte.

Zum Schluss noch ein Wort zu Nicolas Pagnols Gefühlen für das Auto seines Großvaters:

“Über seine Präsenz im Kino im Jahr 1938 hinaus spiegelt der Peugeot 601 Eclipse meiner Meinung nach Marcel Pagnols künstlerisches Epos und vor allem das Symbol seines Ruhmes wider, denn er hat dieses fantastische Auto gekauft, als er sich auf dem Höhepunkt seiner Arbeit befand. Es ist eine Facette von Marcel, die nur wenige Franzosen kennen, ein Symbol des Erfolgs, das jedem das Bild des jungen und extravaganten Marcel Pagnol offenbart. Der einzigartige Peugeot 601 Eclipse von Marcel Pourtout stellt eine Reise in eine großartige Ära und die Ästhetik der frühen 1930er Jahre dar.“

Quelle: Marcel-Pagnol-Stiftung
Fotos: dto sowie aus dem Film “Le Schpountz”

Generelle Infos zur Peugeot – Baureihe “Eclipse” finden Sie hier