Eines der ältesten Fahrzeuge, die Bonhams je versteigert
Quelle: Bonhams
Neben Benz ist Peugeot eine der wenigen Marken, die bis in die heutige Zeit überdauert haben. Die Peugeot-Fahrzeuge dieses Alters stellen zweifellos einen Technologiesprung gegenüber dem deutschen Konkurrenten dar, was sie zu äußerst bedeutenden und wichtigen Maschinen macht. Sie kommen nur sehr sporadisch auf den Markt und sind nur selten außerhalb von nationalen Museen oder internationalen Sammlungen zu finden.
Dieser 2 ½ CV-Zweisitzer aus dem Jahr 1894 ist eines der ältesten Fahrzeuge, die jemals bei Bonhams angeboten wurden. Mit der Fahrgestellnummer 164 ist er das 164. Automobil, das bei Peugeot gefertigt wurde. Er wurde bei der Auktion anlässlich des London to Brighton Run im Jahr 2018 für 356.500 £ zzgl Aufgeld (damals insgesamt rund 600.000 €) verkauft.
Die wichtigstens geschichtlichen Daten von Nr. 164
- Fertigstellung 1. Quartal 1894
- Vermutlich Teilnahmefahrzeug am Rennen Paris-Rouen Rennen 1894
- Vermutlicher Erstbesitzer M. Dubois aus Chantilly
- Ehemals Teil der Sammlung André Laporte
- 1999 aufwändig restauriert
- Teilnahme am Louis Vuitton Concours
- Mehrfache Einladung zum Goodwood Festival of Speed
- Teilnahme an London-Brighton 2018 (Startnummer ‘2’)
Peugeot, der Pionier der französischen Automobilindustrie, hatte 1891 sein erstes Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auf Basis einer Daimler-Lizenz verkauft. Drei Jahre später meldete Peugeot, wo man die Vorzüge seiner Automobile unter Beweis stellen wollte, ein Team von fünf speziell vorbereiteten Fahrzeugen für den ersten Langstreckenwettbewerb der Welt von Paris nach Rouen an.
Am Steuer des Fahrzeugs mit der Startnummer 27, einem Peugeot Typ 5, der von einem Heckmotor angetrieben wurde, saß der begabte Ingenieur Louis Rigoulot. Er hatte bereits die Praxistauglichkeit der Peugeot-Motor-Kutsche unter Beweis gestellt, als er 1891 das Radrennen Paris-Brest über 1.200 km in einem der ersten Autos des Unternehmens bestritt und die Strecke innerhalb des Zeitlimits erfolgreich absolvierte.
Der Peugeot Typ 5 “quadricycle à gazoline” war speziell für das Rennen entwickelt worden: Die Konstruktion sparte gegenüber dem “Serienfahrzeug Typ 3 rund 20 Prozent Gewicht ein und erzielte so ein deutlich besseres Leistungsgewicht. Es wurden nur 14 Wagen vom Typ 5 gebaut.
Mit der Zuverlässigkeitsfahrt Paris-Rouen nahm der Motorsport seinen Anfang: Das Rennen fand am Sonntag, dem 22. Juli 1894, statt und wurde von der Zeitung “Le Petit Journal” organisiert. Von den 102 Teilnehmern hatten nur 21 Autos die Ausscheidungsprüfungen der Vorwoche bestanden und machten sich an einem schönen Morgen um 8 Uhr auf die knapp 130 km lange Reise. 17 Autos erreichten Rouen mit Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 10 und 17 km/h, wobei die obligatorischen Stopps, vor allem für ein langes Mittagessen, berücksichtigt wurden!
Alle fünf Fahrer des Peugeot-Teams kamen ins Ziel und waren die bestplatzierten Benzinfahrzeuge. Rigoulot wurde 11. mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,5 km/h.
Alle fünf Fahrer des Peugeot-Teams kamen ins Ziel und waren die bestplatzierten Benzinfahrzeuge. Rigoulot wurde 11. mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,5 km/h.
Interessanterweise war einer der anderen Fahrer, ein Monsieur Dubois aus Chantilly, der in einem Panhard den 10. Platz belegte, von der Leistung und dem Design des Peugeot von Rigoulot so angetan, dass er den Wagen nach seiner Freigabe kaufte.
Die Werksunterlagen von Panhard-Levassor bestätigen, dass der Motor mit der Nummer “257” am 20. Dezember 1893 an Peugeot in Valentigney, Franche-Comte in Ostfrankreich, geliefert und in das Fahrgestell mit der Nummer “164” eingebaut wurde. Laut den Peugeot-Werksunterlagen wurde das Fahrgestell am 25. Juni 1893 gefertigt. Es wird angenommen, dass dieser Wagen aufgrund des Inbetriebnahmedatums Mitte 1893 und der Auslieferung des Motors im Dezember desselben Jahres in den ersten Wochen des Jahres 1894 fertiggestellt wurde. Der Verkauf an Monsieur Dubois erfolgte mehr als ein Jahr nach dem Rennen am 16.11.1895.
Es gibt zwar keine direkten Beweise, dass es sich bei Nr. 164 um den Paris-Rouen-Wagen von Rigoulot handelt, aber er ist vom gleichen Typ und es gibt gute Indizien, die darauf hindeuten, dass er es sein könnte. So ist zum Beispiel nicht klar, warum Peugeot den Wagen so lange zurückbehalten hat, obwohl es eine lange Warteliste gab und die Wagen fast immer innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Motoren fertiggestellt wurden. Nachdem nachgewiesen ist, dass Panhard-Levassor zu dieser Zeit den Verkauf von Autos, die an Rennen teilgenommen hatten verweigerte, bis sie im folgenden Jahr veraltet waren, ist es mehr als wahrscheinlich, dass Peugeot dasselbe tat. .
Es ist nicht bekannt, ob der Wagen nach Monsieur Dubois und seiner Familie vor dem Zweiten Weltkrieg noch andere Besitzer hatte, aber er wurde zweifellos unter günstigen Bedingungen aufbewahrt. Dieser außergewöhnlich originale Wagen hatte dann das Glück, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in den Besitz von André Laporte überzugehen und wurde zum Höhepunkt seiner Sammlung.
Laporte war während des Krieges Pilot und der jüngste Leutnant der französischen Luftwaffe und wurde Ausbilder insbesondere für polnische Piloten, die zusammen mit der Royal Airforce von England aus operierten. Nach dem Krieg eröffnete er ein Autohaus in Montpellier und begann seine Sammlung hauptsächlich edwardianischer Fahrzeuge aufzubauen. Das erste erwarb er 1946 auf Anregung seiner Frau.
Er wurde 1980 Präsident der Fédération Française des Véhicules d’Époque (FFVE) und später Vizepräsident der Fédération Internationale des Véhicules Anciens (FIVA). Sein Name wird immer mit der Schaffung der “Carte Grise de Collection” in Verbindung gebracht werden, der Zulassung, die es vielen historischen Fahrzeugen ermöglicht, legal auf französischen Straßen zu fahren.
Der Peugeot Typ 5 befand sich fast 50 Jahre lang seiner Sammlung in Montpellier. Als André Laporte 1996 starb, wurde die Sammlung aufgelöst und 1998 versteigert. Dabei wurde deutlich, dass André Laporte mehr an Originalität und Konservierung als an der tatsächlichen Nutzung seiner Sammlung interessiert war, da die meisten Fahrzeuge unrestauriert und “wie vorgefunden” waren. Nach den Worten des Historikers Jean-Michel Cerede wollte er “den Pionieren, Ingenieuren und Konstrukteuren, die die Entwicklung des Automobils ermöglicht haben, die Ehre erweisen, ohne das Sakrileg zu begehen, seine stummen Motoren wieder zum Laufen zu bringen”.
Der Wagen kam Ende 1998 nach Großbritanien, wo der neue Besitzer beschloss, ihn wieder auf die Straße zu bringen. Da er bis in die kleinsten Details hinein vollständig war, wurde die Restaurierung e so schonend wie möglich durchgeführt und alles getan, um die originalen Teile zu erhalten und zu bewahren, anstatt sie zu ersetzen. Die einzigen beiden Teile, die erneuert wurden, sind der Wassertank, der sich unter dem Sitz befindet, und die Kettenschutzbleche. Im Rahmen der Restaurierung wurde der Wagen allerdings neu lackiert.
Heute sind alle mechanischen Komponenten original, einschließlich Pleuel, Kolben und Ventile sowie der Getriebewellen und Zahnräder. Sogar die hölzernen Leisten, die zwischen die Stege der Zahnräder genietet wurden, um das Geräusch der gerade verzahnten Ritzel zu dämpfen, sind noch vorhanden. Interessanterweise ist die Wagennummer 164 auf allen wichtigen Bauteilen (Fahrgestell, Getriebe, Achsen, Lenkung usw.) sowie auf einer Vielzahl kleinerer Teile wie Benzinhahn, Rückwärtsganghebel, Gestänge, Querwellen und Kotflügelhalterungen eingeprägt. Lediglich kleinere Undichtigkeiten wurden behoben und verschiedene Anbauteile neu vernickelt. An Verschleißteilen wurden die Antriebsketten und eine Anlasserkette ersetzt.
Der “Henry”-Öler, der “Schauffer und Budenberg”-Luftdruckmesser, der originale Peugeot-Sprüh-Vergaser und sogar die Lampen sind allesamt im Original erhalten. Der Peugeot ist komplett intakt und läuft immer noch mit Glührohrzündung. Die Original-Karosserie, die extravaganten, fließenden hölzernen Kotflügel, einige Polsterungen und alle Instrumente sind noch vorhanden. Bemerkenswert ist, dass auch die Hirschgeweihgriffe an der Lenksäule, der Rückwärtsganggriff und die Handbremse noch in hervorragendem Originalzustand sind.
Die Räder sind mit Vollgummireifen ausgestattet, da Luftreifen erst nach den ersten Versuchen von André Michelin im Jahr 1895 für Autos verwendet wurden. Das Chassis ist Teil des Kühlsystems; es gibt keinen Kühler, das Kühlwasser wird durch die Chassisrohre geleitet.
Ein zeitgenössisches Artikel aus dem Jahr 1894 berichtet:
Die Peugeots, die bei den Versuchen eine etwas bessere Leistung erbrachten als die Panhards, waren völlig anders konstruiert. Es waren niedrig gebaute Maschinen mit hohlen Stahlrohrrahmen, in denen das Kühlwasser zirkulierte. Die Räder waren mit Stahlspeichen versehen und liefen auf Kugellagern. Sie benutzten den Panhard-Levassor-Motor und die Kupplung, aber ansonsten gab es keine große Ähnlichkeit zwischen den beiden. In Bezug auf die Lenkung scheinen die Peugeots nicht so sehr wie der Panhard von jeder Spurrille und jedem Stein auf der Straße gestoßen zu werden. Das liegt an der besseren Gewichtsverteilung mit dem Motor im Heck und weniger Gewicht auf der Vorderachse. Daher ist die Lenkung leicht, da sie über eine Kette und die Doppelhandgriff-Lenksäule betätigt wird.”
Als extrem seltenes Teilnehmerfahrzeug am ersten Aurtorennen der Welt wurde der Typ 5 im Jahr 2004 zum Louis Vuitton Concours eingeladen und war 1999, 2003, 2004 und 2013 Teilnehmer beim Goodwood Festival of Speed. Im Jahr 2013 wurde er ausgewählt, die 20 Wagen umfassende Parade zum 20-jährigen Bestehen des Goodwood Festival of Speed den Hügel hinaufzuführen.